Martin-Luther-Gedächtniskirche

Martin-Luther-Gedächtniskirche - Triumphbogen und Chor

Die Evangelische Kirchengemeinde Berlin-Mariendorf verfügt über ein einzigartiges Erbe, die Martin-Luther-Gedächtniskirche. Sie ist Denkmal und Zeitzeugnis der besonderen Art, denn sie wurde von 1933 bis 1935 auf der Grundlage lange bestehender Planungen aus den Zwanziger Jahren erbaut. Bei der Gestaltung des Innenraums vermischten sich - noch heute erkennbare - staatliche und kirchliche Symbolik. Heute sieht die Gemeinde die Gestaltung im Zeitgeist von 1933 als Denk- und Mahnmal auch für kommende Generationen.

Entstehung: Die Dorfkirche, eine Feldsteinkirche aus dem 13. Jahrhundert, war für die Gemeinde bereits 1885 längst zu klein. In diesen Jahren wurde deshalb erstmals über den Ausbau der Dorfkirche oder den Neubau einer Kirche diskutiert. Im Jahr 1918 wurde ein weiterer Vorstoß getätigt zum Bau einer Kirche im neu gestalteten Zentrum von Mariendorf. Es sollte eine Kirche zur Erinnerung an die Toten des Kriegs oder eine Friedenskirche werden. Seit 1924 sammelte ein Kirchbauverein. 1927 entstand zunächst einmal das Gemeindehaus, heute benannt nach Johanna und Jochen Klepper, die hier getraut wurden. Der Kirchenbau wurde wegen Geldmangels bis 1929 zurückgestellt. Im September 1933 begannen die Bauarbeiten auch im Zeichen der Arbeitsbeschaffung.

Am 22. Oktober 1933 wurde der Grundstein gelegt. Architekt Curt Steinberg stand hinter der Weltanschauung der neuen nationalsozialistischen Machthaber, auch wenn man dies der expressionistischen Architektur nicht ansieht. Die Planung von 1929 versuchte vielmehr, Teil eines städtischen Bauensembles zu sein mit Blick auf das Rathaus Mariendorf direkt gegenüber (im Krieg zerstört) und die Eckener-Oberschule. Die Fassade wird aus großformatigen Terrakottaplatten gebildet. Am 22. Dezember 1935 wurde die Martin-Luther-Gedächtniskirche eingeweiht.

An den Wänden der Vorhalle befinden sich lebensgroße Porträt-Halbreliefs der Köpfe des Reichspräsidenten Paul von Hindenburg sowie heute des Reformators Martin Luther. Ein Hitler-Portrait wurde gleich nach dem Krieg von den Amerikanern entfernt. Das Kirchenschiff zeigt eine leichte theatralische Wirkung vergleichbar mit einem Kinosaal damaliger Zeit. Den Übergang vom Kirchenschiff zum Altarraum bildet ein Triumphbogen. Er ist mit rund 800 Symbolterrakotten verkleidet, die 36 wiederkehrende Motive zeigen. Diese kombinieren christliche und parteinahe Symbole.

Die Gestaltung der Vorhalle sowie der "Prinzipalia" Taufbecken, Altar und Kanzel entsprach der Ideologie der NS-nahen Vereinigung Deutsche Christen als perfide Synthese von Christentum und Nationalsozialismus. Der Taufständer illustriert die damalige Vorstellung von der "deutschen Familie", der sieghafte Christus am Kreuz entspricht dem Zeit(un)geist und die Kanzel mit Bergpredigt-Motiv zeigt - um Jesus herum - u.a. einen Wehrmachtsoldaten, SA-Mann und Hitlerjungen neben Gemeindepersönlichkeiten. Biblische Offenbarung wird in die Nähe des „Dritten Reiches“ gerückt, Heil wird zum Begriff religiöser und politischer Vorsehung.

Die Apsis beherbergt neun Fensternischen mit Buntglasfenstern, die erst 1970 durch Hans Gottfried von Stockhausen gestaltet wurden. Sie ersetzen die im Krieg zerstörten Motive zum Glaubensbekenntnis, die Werner Göritz ursprünglich gestaltete. Zwischen den Rundbögen finden sich acht Keramikköpfe: die Reformatoren Martin Luther und Philipp Melanchthon, die Kirchenmusiker Johann Sebastian Bach und Georg Händel, die Kirchenliederdichter Martin Rinckart und Paul Gerhardt sowie die Leitfiguren der Inneren Mission Friedrich von Bodelschwingh und Heinrich Wichern.

Zur kritischen Auseinandersetzung mit der nationalsozialistischen Gestaltung des Kirchenraumes, die leider erst Jahrzehnte nach dem Bau begann, beschloss der Gemeindekirchenrat 1989 den Ankauf der Kunstwerke Auschwitz und Oratio des polnischen Künstlers Paweł Warchoł.

Die heutige Martin-Luther-Gedächtniskirche bleibt als Gemeindekirche zum Gedenken und für besondere Anlässe Erbe und Mahnmal - gegen Faschismus, Rassismus, Antisemitismus und Intoleranz mit dem Auftrag zur mahnenden Erinnerung und Versöhnung. Dies drückt sich in den monatlichen Nagelkreuzandachten und durch die Ausrichtung bzw. Beteiligung an jährlichen Versöhnungstagen aus sowie durch Gedenkgottesdienste am 9. November (Erinnerung an die Novemberpogrome 1938) und 27. Januar (Holocaust-Gedenktag: Befreiung des Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz 1945). Auch ist seit November 2022 eine Dauerausstellung dem Gedenken an Johanna und Jochen Klepper gewidmet.

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Fr, 27.12. 17-19 Uhr

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Eindrücke

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